FAQ zum neuen Verbraucherinsolvenzverfahren, Teil II

FAQ zum (neuen) Verbraucherinsolvenzverfahren, Teil II 

Das Verbraucherinsolvenzverfahren kann für überschuldete Verbraucher die Chance auf einen wirtschaftlichen Neubeginn ohne Schulden sein. Durch die Änderungen, die seit dem 1. Juli 2014 gültig sind, fallen die Regelungen in einigen Punkten nun aber etwas anders aus als bisher. 

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Im ersten Teil der Übersicht haben wir erklärt, wie das Verfahren abläuft, wie lange es dauert und was gilt, wenn der Betroffene arbeitslos, erwerbsunfähig oder Rentner ist. 

Hier geht es mit Teil II der FAQ zum (neuen)
Verbraucherinsolvenzverfahren weiter:
 

Wer trägt die Kosten des Verbraucherinsolvenzverfahrens?

Das Verbraucherinsolvenzverfahren ist ein kostenpflichtiges Verfahren.

Dabei setzen sich die Kosten, die anfallen, aus 

·         den Gerichtskosten und
·         den Kosten des Insolvenzverwalters zusammen. 

Nimmt der Betroffene die Hilfe eines Anwalts in Anspruch, kommen außerdem noch Anwaltskosten dazu. Die Kosten trägt der Betroffene. Grundsätzlich werden die Kosten dabei aus der Insolvenzmasse bestritten. In vielen Fällen wird beim Betroffenen aber nicht viel pfändbares Einkommen oder Vermögen vorhanden sein. 

Kann der Betroffene die Verfahrenskosten aus eigenen Mitteln nicht aufbringen, hat er die Möglichkeit, eine Stundung der Kosten für jeden Verfahrensabschnitt zu beantragen. Gibt es keine Gründe, durch die eine Restschuldbefreiung ausgeschlossen ist, wird das Gericht die Stundung gewähren. Die Beträge, die im Verlauf des Verfahrens an den Insolvenzverwalter fließen, werden zuerst verwendet, um die Verfahrenskosten zu begleichen. 

Erst wenn diese Kosten bezahlt sind, fließt Geld an die Gläubiger. Sind die Verfahrenskosten bei Abschluss des Insolvenzverfahrens noch nicht beglichen, muss der Betroffene auch weiterhin zur Tilgung der noch offenen Kosten beitragen. Dies gilt für die folgenden vier Jahre. Erst nach Ablauf von vier Jahren werden auch die Verfahrenskosten endgültig erlassen. Eine Ratenzahlung setzt aber voraus, dass sich die Einkünfte verändert haben. 

Erzielt der Betroffene keine höheren Einkünfte als während des Verfahrens, sind keine pfändbaren Beträge vorhanden. Folglich kann er auch keine Raten aufbringen, um die Verfahrenskosten zu begleichen. Ändern sich die Verhältnisse oder ist der Betroffene seinen Pflichten nicht nachgekommen, kann das Gericht die gewährte Stunden aber jederzeit und auch nachträglich noch aufheben. 

Kann der Betroffene eine Entschuldung erreichen, ohne dabei seine Vermögenswerte zu verlieren?

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens wird das vorhandene Vermögen verwertet. Ist Wohneigentum vorhanden, wird dieses in aller Regel versteigert. Ansonsten finden die Pfändungsvorschriften der Zivilprozessordnung Anwendung. Vereinfacht erklärt bedeutet das, dass der Betroffene letztlich nur das behalten darf, was er zum Leben braucht. 

Sein Auto bleibt dem Betroffenen nur dann erhalten, wenn er auf das Fahrzeug angewiesen ist, weil er anders nicht zur Arbeit kommt, schwer krank oder schwerbehindert ist. Gleiches gilt, wenn ein Familienmitglied das Auto für Fahrten zur Arbeit braucht oder wenn das Auto für ein schwer krankes oder schwerbehindertes Familienmitglied benötigt wird. 

Handelt es sich bei dem Auto um ein neues oder recht wertvolles Fahrzeug, kann der Insolvenzverwalter trotz Pfändungsschutz aber veranlassen, dass das Auto gegen ein weniger hochwertiges Modell ausgetauscht wird. 

Wie viel Geld bleibt dem Betroffenen zum Leben? 

Das Existenzminimum ist auf jeden Fall geschützt. Den Betrag, den der Gesetzgeber als Minimum festgelegt hat, um die eigene Existenz zu sichern, darf dem Betroffenen also niemand wegnehmen. Erzielt der Betroffene Einkommen, gibt die Pfändungstabelle gemäß § 850c Zivilprozessordnung vor, wie viel Geld dem Betroffenen verbleibt. 

Dabei sind die Beträge in der Tabelle gestaffelt und berücksichtigen sowohl das Einkommen als auch die Unterhaltspflichten. Der Betroffene kann aber beantragen, dass ihm höhere Beträge verbleiben. Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn seine Fahrtkosten zur Arbeit besonders hoch sind.   

Muss der Betroffene während des Verfahrens besonderen Pflichten nachkommen?

Das Insolvenzverfahren soll dem Betroffenen einen wirtschaftlichen Neubeginn ermöglichen. Der Betroffene muss dazu aber seinen Teil beitragen. Unabhängig davon, ob er Zahlungen leisten kann oder ob nicht, muss der Betroffene deshalb verschiedenen Informations- und Mitwirkungspflichten nachkommen. 

Die wichtigsten Pflichten dabei sind folgende:

·         Der Betroffene ist dazu verpflichtet, seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen.

·         Der Betroffene muss den Insolvenzverwalter und das Gericht umgehend darüber informieren, wenn er umzieht oder den Arbeitsplatz wechselt.

·         Ist der Betroffene arbeitslos, muss er sich nachweislich um Arbeit bemühen und jeden zumutbaren Job annehmen.

·         Im Fall einer Erbschaft ist der Betroffene verpflichtet, die Erbschaft zu melden und die Hälfte davon herauszugeben. 

Was gilt für die Wohnung, in der der Betroffene wohnt?

Eine Miet- oder Genossenschaftswohnung bleibt bei der Insolvenz außen vor. Die monatliche Miete und die Nebenkosten muss der Betroffene weiterhin aus den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, selbst bezahlen. Hat der Betroffene beim Vermieter eine Kaution hinterlegt, fällt diese nicht in die Insolvenzmasse, solange der Betroffene in der Wohnung wohnt. 

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet und zieht der Betroffene dann um, wird die vom Vermieter zurückbezahlte Kaution aber verwertet. Der Betroffene kann sich in diesem Fall auch nicht darauf berufen, dass er das Geld für die Kautionszahlung bei der neuen Wohnung braucht. Dies gilt aber tatsächlich nur während des eröffneten Insolvenzverfahrens. 

Befindet sich der Betroffene bereits in der Wohlverhaltensphase, kann er die Kaution behalten. Ähnliches gilt für Genossenschaftsanteile. Wie die Kaution sind auch die Genossenschaftsanteile größtenteils geschützt und eine Verwertung kommt nur bei einem Umzug in Betracht. 

Muss der Betroffene einen bestimmten Mindestbetrag an die Gläubiger zurückzahlen?

Der Gesetzgeber hat bewusst keinen Betrag und keine Quote festgelegt, die der Betroffene mindestens und auf jeden Fall an seine Gläubiger zurückzahlen muss. Dadurch soll gewährleistet sein, dass auch ein Betroffener ohne Einkommen und ohne verwertbares Vermögen die Chance auf einen wirtschaftlichen Neubeginn erhält. 

Gilt die Restschuldbefreiung für alle Schulden?

Wird dem Betroffenen die Restschuldbefreiung erteilt, werden ihm grundsätzlich alle die Schulden erlassen, die er zu dem Zeitpunkt hatte, als das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Allerdings gibt es ein paar Ausnahmen. 

Hat der Betroffene eine Straftat wie beispielsweise eine Körperverletzung, eine Sachbeschädigung oder einen Betrug begangen, muss er für den entstandenen Schaden aufkommen. Solche Schulden werden ihm nicht erlassen. Gleiches gilt für Steuer- und Unterhaltsschulden. Auch für sie gilt die Restschuldbefreiung im Normalfall nicht. 

Besteht die Möglichkeit, dass ein Insolvenzverfahren scheitert?

Einer der Hauptgründe dafür, dass ein Verbraucherinsolvenzverfahren scheitert, ist, dass das Gericht die Restschuldbefreiung versagt. Dies wiederum passiert hauptsächlich dann, wenn der Betroffene im Laufe des Verfahrens seine Pflichten verletzt hat. Daneben gibt es weitere Gründe, die dazu führen können, dass das Verfahren scheitert. 

Die häufigsten hiervon sind folgende:

·         Der Betroffene wird wegen einer Insolvenzstraftat verurteilt.

·         Der Betroffene hat falsche Angaben gemacht, um auf diese Weise an Sozialleistungen und andere öffentliche Leistungen oder einen Kredit zu kommen.

·         Der Betroffene hat das vorhandene Vermögen verschleiert, Vermögensgegenstände beiseite geschafft oder sein Vermögen nachweislich verschwendet. Der Betroffene hatte erst kürzlich ein Insolvenzverfahren abgeschlossen.

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Thema: FAQ zum neuen Verbraucherinsolvenzverfahren, Teil II

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