Kündigung durch die Bausparkasse wegen hoher Zinsen – wie reagieren?

Kündigung durch die Bausparkasse wegen hoher Zinsen – wie reagieren?

Ähnlich wie die Lebensversicherung war auch der Bausparvertrag lange Zeit eine sehr beliebte Geldanlage. Eltern und Großeltern schlossen Bausparverträge für den Nachwuchs ab, damit sich dieser später einmal den Traum vom Eigenheim erfüllen konnte.

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Auch diejenigen, die bauen und sich das notwendige Kapital dafür teils ansparen und teils zu günstigen Konditionen sichern wollten, entschieden sich gerne für einen Bausparvertrag. Seit einiger Zeit scheinen die Bausparkassen aber sehr daran interessiert zu sein, ältere Verträge aufzulösen. Vor allem Verträge mit einer hohen Verzinsung des Guthabens sind von den Kündigungsversuchen betroffen.

Warum die Bausparkassen an der Auflösung von Altverträgen interessiert sind

In vielen Fällen war und ist ein Bausparvertrag nicht nur darauf ausgerichtet, ein zinsgünstiges Baudarlehen zu erhalten. Stattdessen war der Bausparvertrag auch eine Form der Geldanlage. Geworben wurde dabei mit den sogenannten Renditetarifen. Die Idee dahinter war, dass die Anleger für ihr angespartes Guthaben nicht nur den normalen Sparzins erhielten.

Dieser Sparzins war bei Bausparkassen schon seit jeher eher niedrig angesetzt. Zusätzlich dazu erhielten die Anleger aber für jedes Jahr, in dem der Bausparvertrag lief und sie ihr Bauspardarlehen nicht in Anspruch nahmen, eine Bonusverzinsung. Auch heute noch bewerben einige Bausparkassen ihre Verträge damit, dass der Bausparer wählen kann, ob er von zinsgünstigem Baugeld oder von höheren Zinsen bei einem Verzicht auf das Darlehen profitieren möchte.

Das Problem mit den Altverträgen ist nun aber, dass die seinerzeit vereinbarten Guthaben- und Bonuszinsen stattliche Höhen erreicht haben. Für die Bausparer ist dies natürlich sehr angenehm, denn so hohe Renditen dürften sich mit einer Geldanlage, die heute abgeschlossen wird, kaum noch erzielen lassen. Die Bausparkassen wiederum müssen ihr einstiges Versprechen angesichts des längerfristigen Zinstiefs teuer bezahlen. Insofern profitieren sie natürlich davon, wenn Bausparer aus deren lukrativen Altverträgen aussteigen.

Wie die Bausparkassen ihre Kündigungen begründen

Die Bausparkassen führen verschiedene Gründe an, um eine angekündigte oder bereits ausgesprochene Kündigung zu erklären. So berufen sie sich teilweise auf gesetzliche Regelungen zum Darlehensrecht, die dann angewendet werden können, wenn die vereinbarte Bausparsumme komplett angespart wurde und der Bausparer kein Bauspardarlehen mehr in Anspruch nehmen kann.

Teilweise wird damit argumentiert, dass seit dem Zeitpunkt, an dem das Baudarlehen zuteilungsreif war, zehn Jahre oder mehr vergangen sind. Da der Bausparer das Darlehen in dieser Zeit nicht abgerufen hat, könnte der Vertrag nun gekündigt werden. Daneben führen die Bausparkassen noch viele andere Gründe an und berufen sich auf gesetzliche Regelungen oder ergangene Gerichtsurteile. Für den betroffenen Bausparer ist letztlich folgendes wichtig zu wissen:

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Zunächst einmal lohnt sich ein genauer Blick in die Vertragsbedingungen. Oft wurden nämlich weder eine konkrete Vertragslaufzeit mit einem Datum als Vertragsende festgelegt noch ausdrückliche Vereinbarungen dazu getroffen, dass die Bausparkasse ein Kündigungsrecht hat. Ist dies der Fall, sollte eine Kündigung durch die Bausparkasse erst dann möglich sein, wenn der Bausparvertrag erfüllt ist.

Erfüllt wiederum ist ein Bausparvertrag dann, wenn die vereinbarte Bausparsumme als Guthaben vorhanden ist und der Bausparer nur noch einen Anspruch darauf hat, dass ihm dieses Guthaben samt Zinsen ausbezahlt wird. Solange der Bausparer aber noch ein Bauspardarlehen abrufen könnte, ist keine Erfüllung des Vertrags gegeben. Erschwert wird die Situation allerdings dadurch, dass die Rechtslage in vielen Punkten noch nicht eindeutig geklärt ist.

Es gibt zwar bereits einige Gerichtsurteile. Diese fallen aber unterschiedlich aus und geben mal den Bausparkassen und mal den Bausparern recht. Eine höchstrichterliche und damit verbindliche Entscheidung gibt es derzeit noch nicht.

Kündigung durch die Bausparkasse wegen hoher Zinsen – wie reagieren?

Hat die Bausparkasse die Kündigung des bestehenden Bausparvertrags angekündigt oder ausgesprochen, muss der Bausparer die Kündigung nicht stillschweigend akzeptieren. Als Laie wird er allerdings kaum in der Lage sein, zu prüfen und zu beurteilen, ob die Kündigung rechtmäßig ist und wirksam werden kann. Daher sollte er sich von einem Anwalt beraten lassen.

Darüber hinaus kann der Bausparer dem Kündigungsvorhaben seiner Bausparkasse schriftlich widersprechen. Außerdem sollte der Bausparer seiner Bausparkasse mitteilen, dass er sich bis zu einer abschließenden Klärung der Rechtslage alle Rechte vorbehält. Setzt die Bausparkasse die Kündigung durch und ergeht später eine gerichtliche oder höchstrichterliche Entscheidung, die der Bausparkasse ein Kündigungsrecht abspricht, kann der Bausparer so nämlich möglicherweise Schadensersatzansprüche geltend machen.

Ob es sich lohnt, eine Schlichtungsstelle anzurufen oder rechtliche Schritte gegen die Bausparkasse einzuleiten, hängt vom Einzelfall und den jeweiligen Vertragsbedingungen ab. Einige Bausparkassen legen ihrem Informations- oder Kündigungsschreiben ein Formular bei. Durch das Zurückschicken des ausgefüllten und unterschriebenen Formulars soll der Bausparer der Bausparkasse den Auftrag erteilen, dass ihm sein Guthaben samt Zinsen ausgezahlt wird.

Das Tückische daran ist, dass der Bausparer derjenige ist, der den Vertrag kündigt, wenn er sich sein Guthaben auszahlen lässt. Möchte der Bausparer den Vertrag weiterlaufen lassen, sollte er den Auftrag zur Auszahlung deshalb nicht vorschnell erteilen.

Ein paar Bausparkassen fahren noch eine etwas andere Schiene. So drohen sie nicht mit einer Kündigung, sondern bieten dem Bausparer einen anderen Vertrag an, der angeblich noch bessere Renditen verspricht. Manchmal werden auch Bonuszahlungen und besondere Abschlussprämien in Aussicht gestellt. Bei solchen Angeboten sollte der Bausparer sehr skeptisch sein. Bei dem aktuellen Zinstief wäre es schließlich ziemlich unlogisch, wenn die Bausparkasse dem Bausparer ein Produkt anbietet, das sie letztlich noch mehr kostet als der ohnehin schon teure Altvertrag.

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