Alles Wichtige zur Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen

Alles Wichtige zur Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen

 

Zum 1. Juli 2015 wurden die Pfändungsfreigrenzen angehoben. Damit erhöhen sich die Beträge, die vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt sind. Wer in einer finanziell schwierigen Lage steckt, kann sich also darüber freuen, dass ein paar Euro mehr in seiner Tasche bleiben.

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Damit der Schuldner aber tatsächlich von den höheren Freibeträgen profitiert, sollte er ein paar Punkte beachten.

 

Die folgende Übersicht erklärt alles Wichtige zur Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen:

 

Welche gesetzlichen Regelungen gelten für die Pfändungsfreigrenzen?

Die gesetzlichen Regelungen rund um die Pfändungsfreigrenzen enthält § 850c der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Wortlaut und die Werte, die in der zum Gesetz gehörigen Tabelle angegeben sind, entsprechen der Gesetzesfassung, die Ende 2001 in Kraft getreten ist. Allerdings hat der Gesetzgeber festgelegt, dass die Pfändungsfreigrenzen in regelmäßigen Abständen automatisch angepasst werden, ohne dass jedes Mal das formelle Gesetzgebungsverfahren durchlaufen und ein neues Gesetz verabschiedet werden muss.

Regelmäßig bedeutet, dass die Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen und andere pfändbare Einkommensarten wie Renten und staatliche Sozialleistungen alle zwei Jahre jeweils zum 1. Juli angepasst werden. Die Grundlage für die Anpassungen bildet die Entwicklung des steuerlichen Grundfreibetrages.

Zum 1. Juli 2015 fand nun wieder eine Anhebung der Pfändungsgrenzen statt. Die aktuellen Pfändungsfreibeträge hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die aktuelle Pfändungstabelle steht hier

https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/text.xav?SID=&tf=xaver.component.Text_0&tocf=&qmf=&hlf=xaver.component.Hitlist_0&bk=bgbl&start=%2F%2F*%5B%40node_id%3D’374569’%5D&skin=pdf&tlevel=-2&nohist=1 zur Verfügung.

 

Um wie viel wurden die Pfändungsfreigrenzen zum 1. Juli 2015 erhöht?

Zum 1. Januar 2014 wurde der steuerliche Grundfreibetrag um 2,76 Prozent von 8.130 Euro auf 8.354 Euro angehoben. Da die Pfändungstabelle auf dem steuerlichen Grundfreibetrag basiert, wurden die Pfändungsfreigrenzen an den Steuergrundfreibetrag angepasst.

Folglich wurden sie zum 1. Juli 2015 ebenfalls um 2,76 Prozent angehoben. Dadurch hat sich der unpfändbare Grundbetrag von 1.045,04 Euro auf jetzt 1.073,88 Euro erhöht.

Hat der Schuldner gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen, kommt für die erste Person ein zusätzlicher Grundfreibetrag von 404,16 Euro dazu. Ab der zweiten bis zur fünften Person erhöht sich der unpfändbare Grundfreibetrag noch einmal um jeweils 225,17 Euro. Einem Familienvater, der gegenüber seiner Ehefrau und einem Kind unterhaltspflichtig ist, bleiben somit 1.703,21 Euro, die nicht gepfändet werden dürfen.

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Übersteigt das monatliche Nettoeinkommen des Schuldners den pfändungsfreien Betrag, der in seinem Fall gilt, können Gläubiger den Mehrbetrag pfänden. In welcher Höhe Pfändungen dann möglich sind, ergibt sich aus der Pfändungstabelle.

 

Werden die neuen Pfändungsgrenzen automatisch berücksichtigt?

Die neuen Pfändungsfreigrenzen treten ohne eine Übergangsfrist in Kraft. Sie gelten also ab dem 1. Juli 2015 für alle Einkommen, die ab diesem Stichtag ausbezahlt werden. Arbeitgeber müssen die Pfändungsgrenzen automatisch berücksichtigen. Liegt bei einem Arbeitnehmer eine Lohnpfändung oder eine Lohnabtretung vor, muss sein Arbeitgeber die Auszahlungen an den pfändenden Gläubiger also an die neue Pfändungstabelle anpassen. Gleiches gilt für Banken und Sparkassen.

Auch sie müssen die neuen Pfändungsgrenzen beachten, wenn Kontopfändungen vorliegen. Bei einem P-Konto werden die Freibeträge ebenfalls automatisch angepasst. Die geltenden Grundfreibeträge sind somit geschützt, ohne dass der Inhaber des P-Kontos extra einen entsprechenden Antrag stellen oder neue Bescheinigungen vorlegen muss.

Rein vorsorglich sollte sich der Schuldner aber trotzdem bei seinem Arbeitgeber oder Sozialleistungsträger und bei seinem kontoführenden Geldinstitut erkundigen, ob die neue Pfändungstabelle angewendet wird. Wurden versehentlich Auszahlungen an den Gläubiger nach der alten Pfändungstabelle geleistet, kann sich der Schuldner die zuviel überwiesenen Beträge zwar von seinem Arbeitgeber, Sozialleistungsträger oder Kreditinstitut auszahlen lassen.

Allerdings führt dies in der Praxis mitunter zu Unstimmigkeiten. Deshalb ist es besser, solche Situationen von vorneherein zu vermeiden.

 

Was gilt für gerichtlich oder per Bescheid festgesetzte Freibeträge?

Im Unterschied zu Arbeitgebern, Sozialleistungsträgern und Kreditinstituten müssen Gerichte und Vollstreckungsstellen öffentlicher Gläubiger die neuen Pfändungsfreigrenzen nicht automatisch berücksichtigen. Wurden durch ein Gerichtsurteil, einen gerichtlichen Beschluss oder einen Bescheid individuelle Freibeträge festgesetzt, bleiben diese Freibeträge gültig.

Hat der Schuldner höhere Freibeträge beantragt, weil er beispielsweise ein höheres Einkommen erzielt, hohe Unterhaltspflichten erfüllen muss oder wegen persönlicher Umstände wie einer schwerwiegenden Erkrankung auf mehr Geld angewiesen ist, ändert sich an den Freigrenzen, die per Urteil, Beschluss oder Bescheid festgesetzt wurden, zunächst nichts.

Damit die unpfändbaren Beträge hier ebenfalls erhöht werden, muss der Schuldner einen Antrag auf Änderung stellen. Bis über den Antrag entschieden wurde, bleibt der bisherige Bescheid oder Beschluss gültig.

Der Schuldner ist also gut beraten, die Erhöhung möglichst schnell zu beantragen. Seinen Antrag muss er beim zuständigen Vollstreckungsgericht stellen, wenn die individuellen Freibeträge per Urteil oder gerichtlichem Beschluss festgesetzt wurden.

Hat die Vollstreckungsstelle eines öffentlichen Gläubigers die individuellen Freibeträge per Bescheid bestimmt, muss der Schuldner seinen Änderungsantrag an den öffentlichen Gläubiger richten. Erst wenn dem Antrag stattgegeben wurde, greifen auch hier die neuen Pfändungsfreigrenzen.

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