Die Kreditbearbeitungsgebühr zurückholen – Infos und Tipps, 1. Teil

Die Kreditbearbeitungsgebühr zurückholen – Infos und Tipps, 1. Teil

In vielen Kreditverträgen fand oder findet sich eine Klausel, in der es um eine Bearbeitungsgebühr für den Kredit geht. Im Mai 2014 hat der Bundesgerichtshof (BGH) aber entschieden, dass solche Bearbeitungsentgelte nicht zulässig sind (Az. XI ZR 170/13 und Az. XI ZR 405/12). Die Richter erklärten die entsprechenden Vertragsklauseln für unwirksam.

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Die Kreditbearbeitungsgebühr zurückholen - Infos und Tipps, 1. Teil

Beide Verfahren bezogen sich zwar konkret auf die Kreditbearbeitungsgebühren, die zwei Banken in Rechnung gestellt hatten. Allerdings kann die Rechtsprechung des BGH auch bei anderen Banken und Krediten angewendet werden.

Für viele Kreditnehmer können die Urteile deshalb bares Geld wert sein. Haben sie für ihre Kredite ein Bearbeitungsentgelt bezahlt, können sie sich diese Gebühr plus Zinsen nämlich zurückholen. Vorausgesetzt, der Anspruch auf eine Erstattung ist noch nicht verjährt.

In einem zweiteiligen Beitrag stellen wir alle wichtigen Infos und Tipps dazu zusammen, wann und wie sich Kreditnehmer eine bezahlte Kreditbearbeitungsgebühr zurückholen können:

Warum ist eine Kreditbearbeitungsgebühr nicht zulässig?

Gewährt eine Bank einen Kredit, berechnet sie dafür Zinsen. Mit diesen Zinsen sind die Kosten, die der Bank im Rahmen der Kreditvergabe entstehen, abgegolten.

Für zusätzliche Gebühren gibt es keine Grundlage. Denn dass die Bank einen Kreditantrag bearbeitet, liegt in ihrem eigenen Interesse. Und auch die Prüfung der Kreditwürdigkeit des Antragstellers ist keine gesonderte Dienst- oder Serviceleistung für den Kunden.

Vielmehr ist die Bank gesetzlich dazu verpflichtet, die Bonität zu prüfen. Außerdem ist es ebenfalls in ihrem Interesse, das Ausfallrisiko möglichst gering zu halten.

Wälzt die Bank Kosten für Leistungen, die keine besonderen Dienstleistungen für den Bankkunden sind, auf den Kreditnehmer ab, benachteiligt ihn das unangemessen im Sinne von § 307 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Aus diesem Grund halten die obersten Richter Kreditbearbeitungsgebühren für nicht zulässig.

Ähnliche Entscheidungen hat der BGH übrigens auch schon zu anderen Bankgebühren getroffen. So darf eine Bank zum Beispiel keine Extra-Entgelte verlangen, wenn eine Pfändung vorliegt oder eine Überweisung nicht ausgeführt werden kann (Az. XI ZR 219/98 und Az. XI ZR 5/97).

Für welche Kredite gelten die BGH-Urteile?

Die Entscheidungen des BGH beziehen sich auf die Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherkrediten. Verbraucherkredite sind die klassischen Darlehen, die Verbraucher aufnehmen, um zum Beispiel ein Auto, Möbel, eine Hochzeitsfeier oder andere Anschaffungen zu finanzieren.

Das entscheidende Merkmal von einem Verbraucherkredit ist, dass der Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmen geschlossen wird. Das Unternehmen ist bei einem Kredit üblicherweise eine Bank. Ein Verbraucher ist jemand, der den Kredit als Privatperson zu privaten, persönlichen Zwecken aufnimmt.

Die Rechtsprechung des BGH schließt damit zunächst einmal alle typischen, normalen Konsumentenkredite ein. Allerdings gibt es noch weitere Kredite und Darlehen, bei denen eine Bank keine Bearbeitungsentgelte verlangen darf.

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Baufinanzierungen

Immobilienfinanzierungen zählen laut BGB zu den Verbraucherkrediten. Denn maßgeblich für einen Verbraucherkredit ist, dass der Kreditvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmen zustande kommt.

Ob der Verbraucher das Geld nutzt, um ein Auto oder Möbel zu kaufen oder ob er mit dem Geld sein Eigenheim finanziert, spielt keine Rolle.

In den Verfahren, zu dem der BGH im Mai 2014 seine Urteile fällte, ging es nicht um Immobilienfinanzierungen. Aber die Erklärungen und Begründungen der Richter, warum Kreditbearbeitungsgebühren unzulässig sind, treffen auch bei Baudarlehen zu.

Aus diesem Grund können Kreditnehmer Bearbeitungsentgelte, die sie bei Immobilienfinanzierungen bezahlt haben, ebenfalls zurückfordern.

Bausparverträge und Bauspardarlehen

Beim Abschluss von einem Bausparvertrag berechnet die Bausparkasse eine Abschlussgebühr. Obwohl die Bausparkasse hier keine gesonderte Dienstleistung für den Bausparer erbringt, hat der BGH die Abschlussgebühr als zulässig erklärt (Az. XI ZR 3/10).

Bei einem Darlehen von der Bausparkasse sieht die Sache anders aus. Stellt die Bausparkasse für das Darlehen eine Bearbeitungsgebühr in Rechnung, ist das nach einem BGH-Urteil nicht zulässig.

Und auch Kontoführungsgebühren darf die Bausparkasse in der Darlehensphase nicht verlangen (Az. XI ZR 522/15 und Az. XI ZR 308/15). Solche Entgelte kann der Bausparer also zurückfordern.

Firmenkredite

Nimmt ein Kreditnehmer einen Kredit im Zusammenhang mit seiner gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit auf, handelt es sich nicht um einen Verbraucherkredit. Denn der Kreditnehmer agiert als Unternehmer und das Geld dient geschäftlichen Zwecken.

Doch auch bei gewerblichen Krediten darf die Bank keine gesonderte Bearbeitungsgebühr verlangen. Der BGH vertritt nämlich die Auffassung, dass ein Unternehmer an diesem Punkt nicht weniger schutzwürdig ist als ein Verbraucher (Az. XI ZR 562/15 und Az. XI ZR 233/16).

Auch ein Unternehmer, der einen Firmenkredit aufgenommen hat, kann demnach eine bezahlte Kreditbearbeitungsgebühr zurückfordern.

Kredite von Förderbanken

Gewährt die staatliche KfW-Bank ein Darlehen, berechnet sie einen sogenannten Auszahlungsabschlag. Dieses Entgelt hält der BGH für zulässig (Az. XI ZR 454/14, 63/15, 73/15). Jedenfalls gilt das für Kreditverträge, die vor dem 11. Juni 2010 geschlossen wurden.

Bei Verträgen, die danach zustande kamen, kommt es darauf an, ob es sich um Verbraucherkreditverträge handelt. Tatsächlich ist aber ziemlich unwahrscheinlich, dass ein Kreditnehmer mit einer Rückforderung des Auszahlungsabschlags Erfolg haben wird.

Andere Förderbanken vertreten meist die Auffassung, dass die Rechtsprechung des BGH bei ihnen nicht angewendet werden kann. Denn Förderbanken vergeben Kredite nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Diese Ansicht hat das Amtsgericht Stuttgart bestätigt (Az. 1 C 1279/14).

Allerdings kommt eine Rückforderung immer dann in Betracht, wenn eine Bank Bearbeitungsgebühren für Leistungen verlangt, die sie ausschließlich in ihrem eigenen Interesse erbringt oder zu denen sie gesetzlich verpflichtet ist.

Das gilt auch für eine Förderbank. Außerdem hat eine Förderbank durchaus die Möglichkeit, von den öffentlich-rechtlichen Vorgaben abzuweichen. Es ist also nicht per se ausgeschlossen, die AGB zu prüfen, nur weil es sich um eine Förderbank handelt.

Im 2. Teil schauen wir uns an, welche Verjährungsfristen beim Erstattungsanspruch gelten und wie Kreditnehmer konkret vorgehen sollten, um sich eine unzulässige Kreditbearbeitungsgebühr zurückzuholen.

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