Mindestentgelte für überzogenes Konto sind unzulässig!

Mindestentgelte für überzogenes Konto sind unzulässig!

Überzieht ein Kunde sein Girokonto im Rahmen des Dispokredits oder der geduldeten Überziehung, werden dafür Zinsen fällig. An sich ist daran zunächst auch nichts auszusetzen. Immerhin nimmt der Kunde eine Art Kredit in Anspruch. Nur sind die Zinsen in vielen Fällen übertrieben hoch.

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Mindestentgelte für überzogenes Konto sind unzulässig!

Einige Banken stellen zudem ein Mindestentgelt in Rechnung, wenn das Konto ins Minus rutscht. Doch solche Mindestentgelte für geduldete Überziehungen sind nicht zulässig.

So jedenfalls hat der Bundesgerichtshof entschieden. Betroffene Kunden können bezahlte Entgelte deshalb zurückfordern.

Unterschiedliche Entgelte bei einem Konto im Minus

Viele Banken räumen direkt bei der Öffnung eines Girokontos einen Überziehungsrahmen ein. Bei anderen Banken wird der Überziehungsrahmen automatisch nach wenigen Monaten freigegeben, wenn Geldeingänge verbucht wurden. Dieser Überziehungsrahmen ist der sogenannte Dispositionskredit oder kurz Dispo.

Doch auch wenn für ein Girokonto gar kein Dispokredit eingeräumt ist oder wenn der Kunde seinen Dispo schon ausgeschöpft hat, kann die Bank Überweisungen, Lastschriften und andere Kontobelastungen zulassen.

In diesem Fall wird von einer geduldeten Überziehung gesprochen. Sowohl für die Nutzung des Dispokredits als auch bei einer geduldeten Überziehung verlangt die Bank ein Entgelt in Form von Zinsen. Und diese sind oft sehr hoch.

Einige Banken haben zusätzlich dazu eine Klausel in ihren Vertragsbedingungen, die bei einer geduldeten Überziehung ein Mindestentgelt vorsieht. Demnach berechnet die Bank für jeden Monat, in dem das Konto über den eingeräumten Rahmen hinaus überzogen ist, einen bestimmten Betrag.

Konkret ist die Regelung so gestaltet: Sind die fälligen Zinsen für eine geduldete Überziehung höher das als Mindestentgelt, muss der Kunde nur die Überziehungszinsen bezahlen. Sind die entstandenen Überziehungszinsen hingegen niedriger als das Mindestentgelt, wird der Pauschalbetrag in Rechnung gestellt.

Verglichen mit den Überziehungszinsen, können durch die pauschalen Mindestentgelte sehr hohe Kosten anfallen. Das gilt vor allem dann, wenn das Girokonto nur minimal ins Minus rutscht.

Ein Beispiel:

Angenommen, der monatliche Zinssatz für eine geduldete Überziehung liegt bei 15 Prozent. Das Mindestentgelt setzt die Bank mit 3 Euro an. Überzieht ein Kunde sein Girokonto nun um 10 Euro, würden sich die Überziehungszinsen auf gerade einmal rund 12 Cent belaufen. Doch wegen der Klausel zum Mindestentgelt werden 3 Euro fällig.

Mindestentgelte für überzogenes Konto sind unzulässig!

Die Verbraucherschützer sahen in den Mindestentgeltklauseln einen Verstoß gegen § 138 BGB. Denn vor allem bei geringen Kontoüberziehungen hat das Mindestentgelt eine unangemessen hohe Verzinsung zur Folge. Also mahnten die Verbraucherschützer zunächst zwei Banken ab – stellvertretend für alle Banken, die mit solchen Klauseln arbeiten.

Nachdem die in der Abmahnung geforderten Unterlassungserklärungen ausblieben, zogen die Verbraucherschützer vor Gericht. Die Klageverfahren gegen die beiden Banken gingen durch alle Instanzen. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab den Verbraucherzentralen schließlich Recht.

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Die Richter erklärten, dass durch die Mindestentgeltklauseln gerade bei geringfügigen geduldeten Überziehungen sehr hohe Kosten entstehen. Weil dies eine unangemessene Benachteiligung der Bankkunden darstelle, seien solche Mindestentgeltklauseln nicht zulässig (Az. XI ZR 387/15 und Az. XI ZR 9/15).

Betroffene Bankkunden können bezahlte Entgelte zurückfordern

Hat die eigene Bank ein Mindestentgelt für eine geduldete Kontoüberziehung berechnet, kann der Kunde das bezahlte Geld zurückverlangen. Das gilt unabhängig davon, bei welcher Bank er Kunde ist.

Denn die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes gelten für alle Vertragsklauseln, die ein unangemessen hohes Mindestentgelt vorsehen. Entscheidend ist also, wie hoch das berechnete Mindestentgelt ist. Ausgehend von den Urteilen des BGH, dürften unzulässig hohe Kosten vorliegen, wenn sich das Entgelt auf 2,95 pro Monat und 6,90 Euro pro Quartal oder mehr beläuft.

Der Kunde kann Entgelte, die er ab dem Jahr 2016 bezahlt hat, zurückfordern. Entgelte, die 2015 und davor abgezogen wurden, sind vermutlich verloren. Denn wegen der dreijährigen Verjährungsfrist dürften diese Erstattungsansprüche inzwischen verjährt sein. Eine richterliche Entscheidung hierzu gibt es zwar nicht, aber es ist davon auszugehen, dass die regelmäßige Verjährung greift.

Denkbar ist außerdem, dass die Bank die berechneten Mindestentgelte erstattet, die Überziehungszinsen allerdings einbehält. Im obigen Beispiel würde die Bank also nicht die vollen drei Euro zurückzahlen, sondern nach Abzug der Überziehungszinsen nur 2,88 Euro. Inwieweit das zulässig ist, ist bislang nicht geklärt.

Möchte der Kunde die Erstattung einfordern, sollte er sich jedenfalls zunächst schriftlich an seine Bank wenden. Einen Musterbrief als Formulierungshilfe dafür haben wir vorbereitet. Verweigert die Bank die Rückzahlung und auch den Verzicht auf die Einrede der Verjährung, müsste der Kunde rechtzeitig Schritte einleiten, die die Verjährung hemmen. Betroffen davon sind die Entgelte aus dem Jahr 2016, denn die Erstattungsansprüche darauf verjähren Ende 2019.

Um die Verjährung zu hemmen, reicht ein Schreiben aber nicht aus. Vielmehr müsste der Kunde entweder einen Mahnbescheid beantragen oder Klage erheben. Das gilt auch dann, wenn die Bank die Erstattung verweigert. Beides sollte sich der Kunde aber gut überlegen.

Denn durch einen Mahnbescheid oder ein Gerichtsverfahren können sehr hohe Kosten entstehen, die die bezahlten Mindestentgelte in den meisten Fällen deutlich übersteigen. Die bessere Lösung ist, einen Ombudsmann einzuschalten. Dieses Verfahren ist für den Kunden kostenfrei und kann die Verjährung zudem ebenfalls hemmen.

Die Kontaktdaten des zuständigen Ombudsmanns stehen in den Vertragsunterlagen und sind üblicherweise auch auf der Homepage der Bank aufgeführt.

Musterbrief: Unzulässige Mindestentgelte für überzogenes Konto zurückfordern

Kunde
Anschrift

Bank
Anschrift

Datum

Mindestentgelte für geduldete Überziehung
Girokonto Nr. _______________, IBAN _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit den Kontoauszügen …(jeweils Nummer und Datum)… haben Sie Mindestentgelte für die geduldete Überziehung meines Girokontos in einer Gesamthöhe von … Euro in Rechnung gestellt.

Derartige Mindestentgelte sind gemäß der Urteile des Bundesgerichtshofes (Az. XI ZR 387/15 und XI ZR 09/15, Urteile vom 25.10.16) jedoch unzulässig. Ich fordere Sie daher auf, den oben genannten Betrag durch Gutschrift auf mein Konto zu erstatten. Für die Erstattung habe ich mit eine Frist von 14 Tagen vorgemerkt.

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Sollten Sie sich wider Erwarten nicht im Stande sehen, meiner Aufforderung zeitnah nachzukommen, bitte ich umgehend um eine schriftliche Erklärung, dass Sie auf die Einrede der Verjährung verzichten. Andernfalls behalte ich mir verjährungshemmende Maßnahmen vor.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift

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Simon Schubert, - Finanzberater, Timo Sustack, - Finanzwirt, Elke Husung, - Senior Finance Managerin und Christian Gülcan seit 30 Jahren Unternehmer, Gründer, VC-Investor, Kryptoinvestor, Betreiber und Redakteur dieser Seite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps und Ratgeber zu Finanzangelegenheiten, Geldanlagen, Finanzierungen und Bankwesen. Die Inhalte des Informationsangebots, stellen keine Finanzberatung oder Anlageberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine persönliche Beratung mit einen Finanzberater oder Steuerberater.

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