Ratgeber zum gesetzlichen Widerrufsrecht bei Krediten, Teil 2

Ratgeber zum gesetzlichen Widerrufsrecht bei Krediten, Teil 2

Wenn eine größere Anschaffung finanziert werden muss, ist oft ein Kredit die Lösung. Doch bevor der Kreditnehmer den Vertrag unterschreibt, holt er sich mehrere Angebote ein, vergleicht diese miteinander und studiert das Kleingedruckte.

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Ratgeber zum gesetzlichen Widerrufsrecht bei Krediten, Teil 2

Eine spontane oder gar leichtfertige Entscheidung ist eine Kreditaufnahme jedenfalls in aller Regel nicht. Schließlich macht der Kreditnehmer dadurch Schulden, die er in den nächsten Monaten oder Jahren zurückzahlen muss.

Trotzdem kann sich die Ausgangslage ändern. Beispielsweise, weil der Kreditnehmer im Nachhinein ein noch besseres Kreditangebot findet, unerwartet zu Geld kommt oder es sich doch noch einmal anders überlegt. Spätestens dann stellt sich die Frage, ob der Kreditnehmer vom Kreditvertrag zurücktreten kann.

Tatsächlich ist das in vielen Fällen möglich. Denn auch bei Kreditverträgen gibt es ein gesetzliches Widerrufsrecht. Damit die Rückabwicklung reibungslos klappt, muss der Kreditnehmer aber ein paar Punkte beachten.

Welche das sind, erklären wir in einem zweiteiligen Ratgeber zum gesetzlichen Widerrufsrecht bei Krediten. Dabei ging es in Teil 1 darum, wie das Widerrufsrecht geregelt ist, für welche Kredite es gilt, wie der Kreditgeber über das Widerrufsrecht informieren muss und wann die Widerrufsfrist beginnt.

Hier geht es weiter mit Teil 2!:

Die Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung

Eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung hat zur Folge, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht beginnt, zu laufen. Deshalb kann der Kreditnehmer grundsätzlich auch Jahre später noch vom Kreditvertrag zurücktreten.

Die Beurteilung darüber, ob eine Widerrufserklärung tatsächlich Fehler enthält, ist aber ziemlich schwierig und hat schon oft die Gerichte beschäftigt.

Dabei gibt es zwei Fehler, die immer wieder auftreten:

  1. Fehlerhafte Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist: Die Widerrufsbelehrung ist dann fehlerhaft, wenn die Bank mit Formulierungen arbeitet, aus denen der Kreditnehmer nicht klar erkennen kann, ab wann die Widerrufsfrist läuft.

  2. Fehlerhafte Belehrung über die Rechtsfolgen: Enthält die Widerrufsbelehrung keine, unvollständige oder falsche Informationen darüber, welche rechtlichen Folgen ein Widerruf des Kreditvertrags hat, ist sie fehlerhaft.

In jüngerer Vergangenheit werden vor allem Widerrufsbelehrungen bei Baufinanzierungen, die nach dem 1. November 2002 zustande kamen, regelmäßig zum Thema. Die Gerichte stellen hier nämlich immer wieder Mängel fest.

Ist es möglich, eine alte Immobilienfinanzierung erfolgreich zu widerrufen, kann der Kreditnehmer mitunter mehrere tausend Euro sparen.

Aber noch mal:

Als Laie wird der Kreditnehmer kaum bewerten können, ob eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist. Selbst für Experten ist die Einschätzung mitunter schwierig. Hat der Kreditnehmer Zweifel, sollte er die entsprechende Passage deshalb von einem Profi überprüfen lassen.

Der Widerruf des Kreditvertrags

Möchte der Kreditnehmer vom kürzlich geschlossenen Kreditvertrag zurücktreten, muss er den Widerruf gegenüber seiner Bank klar und eindeutig erklären. Ein besonderes Formular schreibt der Gesetzgeber dafür aber nicht vor.

Und es gibt auch keine speziellen Formulierungen, die der Kreditnehmer verwenden muss. Es genügt, wenn der Kreditnehmer unmissverständlich erklärt, dass er den Kreditvertrag widerruft. Begründen muss er den Widerruf nicht.

Allerdings muss der Widerruf in Textform erfolgen. Mündlich kann ein Kreditvertrag nicht widerrufen werden. Die Vorgabe der Textform ist erfüllt, wenn der Kreditnehmer seinen Widerruf schriftlich formuliert und den Text anschließend an seine Bank übermittelt.

Das ist als Brief, aber auch als Fax, per E-Mail oder über ein Online-Kontaktformular möglich. Denn anders als die Schriftform verlangt die Textform keine handschriftliche Unterschrift im Original.

Allerdings ist es besser, wenn der Kreditnehmer seinen Widerruf als Einschreiben verschickt. Daneben kann er sein Schreiben persönlich bei der Bank abgeben und sich den Empfang bestätigen lassen.

So hat der Kreditnehmer nämlich einen Beleg dafür, dass er den Widerruf fristgerecht erklärt und die Bank die Widerrufserklärung erhalten hat. Sollte die Bank das bestreiten, ist dieser Nachweis sehr wichtig.

Musterbrief für den Widerruf

Wie schon erwähnt, kann der Kreditnehmer den Widerruf kurz halten. Eine eindeutige Erklärung, dass er vom Vertrag zurücktritt, reicht. Eine Begründung ist nicht notwendig.

Hat der Kreditnehmer den Vertrag nicht alleine unterschrieben, sondern zum Beispiel zusammen mit seinem Ehegatten, müssen aber beide Kreditnehmer den Widerruf gemeinsam erklären.

Und wie so eine Widerrufserklärung aussehen kann, zeigt das folgende Musterbeispiel:

Kreditnehmer

Anschrift

Bank

Anschrift

Datum

Widerruf des Darlehensvertrags vom __________

Darlehensnummer: ___________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich mache/wir machen vom gesetzlichen Widerrufsrecht Gebrauch und trete/n hiermit fristgerecht vom o. g. Darlehensvertrag zurück.

Bitte bestätigen Sie mir/uns schriftlich, dass Sie die Widerrufserklärung erhalten haben und als wirksam anerkennen. Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschrift/en

Die Rückabwicklung nach einem wirksamen Widerruf

Ist der Widerruf wirksam, gibt es zwei Möglichkeiten, wie es weitergeht. Das hängt davon ab, was bisher passiert ist. Hat die Bank die Kreditsumme noch nicht ausgezahlt, geschieht gar nichts.

Denn in diesem Fall veranlasst die Bank die Überweisung einfach nicht. Gleichzeitig ist damit auch der Kreditvertrag Geschichte.

Ist die Auszahlung der Kreditsumme bereits erfolgt, findet eine Rückabwicklung statt. Dazu muss der Kreditnehmer der Bank das Geld innerhalb von 30 Tagen zurück überweisen. Diese Frist ergibt sich aus § 357a Abs. 1 BGB.

Zusätzlich zur Kreditsumme muss der Kreditnehmer auch Zinsen für die Tage zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung erstatten. Im Juristendeutsch wird das gemäß § 346 Abs. 2 BGB als Erstattung der empfangenen Leistungen und Herausgabe der gezogenen Nutzungen bezeichnet.

Die Berechnung der fälligen Zinsen erfolgt taggenau auf Grundlage des Sollzinses, der für den Kredit vereinbart war.

Ein Beispiel: Angenommen, der Kreditnehmer hat einen Kredit über 15.000 Euro aufgenommen. Als Zinssatz waren 4,5 Prozent festgelegt. Daraus ergibt sich, dass pro Tag 1,875 Euro Zinsen fällig werden. Überweist der Kreditnehmer den Darlehensbetrag nun zehn Tage nach der Auszahlung an die Bank zurück, muss er 18,75 Euro Zinsen bezahlen.

Einige Banken verzichten aber auf die Zinszahlung im Fall eines Widerrufs. Ob das für den Kredit des Kreditnehmers gilt, erfährt er, wenn er im Kreditvertrag unter dem Punkt “Widerrufsfolgen” nachschaut. Dort ist nämlich angegeben, ob im Widerrufsfall Zinsen fällig werden.

Sobald der Kreditnehmer die Darlehenssumme und eventuell die Zinsen zurückgezahlt hat, ist die Rückabwicklung abgeschlossen. Dadurch ist auch der Kreditvertrag wieder vom Tisch.

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Simon Schubert, - Finanzberater, Timo Sustack, - Finanzwirt, Elke Husung, - Senior Finance Managerin und Christian Gülcan seit 30 Jahren Unternehmer, Gründer, VC-Investor, Kryptoinvestor, Betreiber und Redakteur dieser Seite, schreiben hier Wissenswertes, Tipps und Ratgeber zu Finanzangelegenheiten, Geldanlagen, Finanzierungen und Bankwesen. Die Inhalte des Informationsangebots, stellen keine Finanzberatung oder Anlageberatung dar - somit ersetzen die Inhalte auch keine persönliche Beratung mit einen Finanzberater oder Steuerberater.

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