Restschuldversicherung beim Kredit – ja oder nein?, 1. Teil

Restschuldversicherung beim Kredit – ja oder nein?, 1. Teil

Schließt ein Kunde einen Kredit ab, bietet ihm die Bank meist eine Restschuldversicherung als Zusatzprodukt an. Sie soll einspringen, falls der Kreditnehmer die Raten nicht bezahlen kann, etwa weil er längere Zeit krank wird oder seinen Job verliert.

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Restschuldversicherung

Die Idee, den Kredit mit einer Versicherung gegen Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit abzusichern, klingt im ersten Moment vernünftig. Tatsächlich ist eine Restschuldversicherung vor allem bei Krediten mit überschaubaren Kreditsummen und Laufzeiten aber oft viel zu teuer.

Und durch die Ausschlüsse im Kleingedruckten ist der Kreditnehmer mitunter längst nicht so gut abgesichert, wie er vermutet. Andererseits bleibt es immer der Entscheidung des Kreditnehmers überlassen, ob er eine solche Versicherung abschließt oder nicht. Auch wenn es die Banken gerne anders darstellen. Doch damit stellt sich die Frage: Restschuldversicherung beim Kredit – ja oder nein?

Dieser Frage gehen wir in einem ausführlichen Ratgeber nach:

 

Welche Leistungen erbringt eine Restschuldversicherung?

Grundsätzlich springt die Restschuldversicherung ein, wenn der Kreditnehmer seine Kreditraten alleine nicht bezahlen kann. Je nach Leistungsumfang übernimmt die Versicherung die Ratenzahlung dabei im Todesfall, bei Arbeitsunfähigkeit und bei Arbeitslosigkeit.

Sowohl die Laufzeit als auch die Versicherungssumme richten sich üblicherweise nach dem Kredit. Hat der Kreditnehmer seinen Kredit abbezahlt, ist damit dann auch die Restschuldversicherung Geschichte. Und das unabhängig davon, ob er die Versicherung in Anspruch genommen hatte oder ob nicht.

Tritt ein Leistungsfall ein, überweist die Restschuldversicherung die Kreditraten in aller Regel direkt an die Bank. Eine Auszahlung an den Kreditnehmer erfolgt nicht. In der Praxis werden aus Sicht des Kredit- und Versicherungsnehmers aber oft die vielen Ausschlusskriterien zum echten Problem. Denn sie führen nicht selten dazu, dass der Kreditnehmer am Ende leer ausgeht.

Typische Ausschlusskriterien sind zum Beispiel:

  • Bei Arbeitslosigkeit zahlt die Versicherung erst nach einer Wartezeit von sechs Monaten und zusätzlich dazu nach einer Karenzzeit von drei Monaten.
  • Wird der Kreditnehmer arbeitslos, weil er einen befristeten Arbeitsvertrag hatte und dieser Vertrag nun nicht verlängert wurde, ist kein Leistungsfall für die Versicherung gegeben.
  • Arbeitslosigkeit ist oft nur in den ersten zwölf Monaten abgesichert. Spätestens, wenn der Anspruch auf Arbeitslosengeld I ausgeschöpft ist, stellt auch die Restschuldversicherung meist ihre Leistungen ein.
  • Erkrankt der Kreditnehmer, erbringt die Restschuldversicherung nur dann eine Leistung, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht die Folge von einer Krankheit ist, die in den Vertragsbedingungen als Ausschlussgrund aufgezählt ist.

Nicht alle Vertragsklauseln sind zulässig. Es gibt immer wieder Gerichtsurteile, die bestimmte Klauseln für unwirksam erklären. Allerdings dauert es seine Zeit, bis eine Gerichtsentscheidung vorliegt, rechtkräftig ist und umgesetzt wird. Einem Kreditnehmer, der aktuell die Versicherungsleistungen bräuchte, hilft das deshalb wenig.

Vorsicht:

Die Restschuldversicherung orientiert sich an der Laufzeit und der Kreditsumme bei Vertragsabschluss. Stockt der Kreditnehmer den Kredit später auf oder verlängert sich die Laufzeit, ist das durch die Versicherung nicht mehr abgedeckt.

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Wie teuer ist eine Restschuldversicherung?

Bei der Restschuldversicherung gibt es keine festen Prozentsätze oder pauschalen Formeln. Vielmehr orientieren sich die Kosten am Einzelfall. Generell bewegen sich die Kosten für eine Restschuldversicherung oft irgendwo in einem Rahmen zwischen 12 und 18 Prozent der Kreditsumme.

Bei einem Kredit über 10.000 Euro können allein die Kosten für die Restschuldversicherung also mit ungefähr 1.200 bis 1.800 Euro zu Buche schlagen. Je nach Anbieter und Ausgangssituation des Kreditnehmers kann die Prämie mitunter aber auch noch deutlich höher sein. Stellt der Kreditnehmer den Kosten die recht überschaubaren Leistungen gegenüber, ist eine Restschuldversicherung unterm Strich jedenfalls fast immer zu teuer.

 

Werden die Kosten für die Restschuldversicherung in den Effektivzins eingerechnet?

So mancher Kreditnehmer hat den Eindruck, dass er eine Restschuldversicherung abschließen muss, weil er sonst keinen Kredit bekommt. Doch das ist falsch. Eine Restschuldversicherung ist grundsätzlich freiwillig und keine Voraussetzung für die Kreditbewilligung.

In Einzelfällen können Banken zwar auf eine Restschuldversicherung als zusätzliche Absicherung bestehen, zum Beispiel bei einem Kreditnehmer mit schlechter Bonität. Generell ist ein Kreditnehmer aber nicht dazu verpflichtet, eine solche Versicherung abzuschließen.

Knüpft die Bank die Gewährung des Kredits zwingend an den Abschluss einer Restschuldversicherung, muss sie die Versicherungsprämie in den effektiven Jahreszins einrechnen. In der Praxis erklären die Banken aber in aller Regel, dass der Kreditnehmer keinen Kredit abschließen muss, damit er einen Kredit bekommt.

Gemäß § 6 Abs. 4 Nr. 2 PAngV bleiben die Kosten in der Folge beim Effektivzins außen vor. Für den Kreditnehmer wird es dadurch aber recht schwer, die Zusatzkosten zu bestimmen. Denn er bezahlt die Restschuldversicherung über den Kredit und verzinst damit auch die Versicherungssumme über die gesamte Kreditlaufzeit.

Dadurch werden die Zinsen für den Kredit deutlich höher. Bei einem Kredit mit ursprünglich drei Prozent effektivem Jahreszins kann der Zinssatz durch die Versicherung tatsächlich gut und gerne auf acht Prozent oder mehr klettern.

 

Warum werden Restschuldversicherungen regelmäßig kritisiert?

Für den Kreditgeber geht eine Restschuldversicherung mit zwei großen Vorteilen einher. Der erste Pluspunkt ist, dass die zusätzliche Absicherung das Ausfallrisiko des Kredits senkt. Der zweite Vorteil ist, dass der Kreditgeber für den Abschluss der Versicherung eine Provision bekommt.

Bleibt der Zinssatz mit Restschuldversicherung genauso hoch wie ohne eine Versicherung – und das ist so gut wie immer der Fall – macht der Kreditgeber ein gutes Geschäft.

Für den Kreditnehmer hingegen bringt eine Restschuldversicherung deutlich mehr Nachteile als Vorteile. Denn durch die Versicherung wird der Kredit teurer, doch ein Versicherungsfall tritt nur sehr selten ein. Im Prinzip zahlt der Kreditnehmer also für eine Leistung, die er entweder nicht braucht oder im Ernstfall oft nicht bekommt.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen, kurz Bafin, weist außerdem schon länger darauf hin, dass es für Restschuldversicherungen keine ausreichenden Standards gibt. Dennoch haben laut Ergebnisbericht 2017 der Bafin über 8 Millionen Kunden in Deutschland eine Restschuldversicherung abgeschlossen. Aber es gab gerade einmal 5.000 Versicherungsfälle, in denen die Restschuldversicherungs-Unternehmen die Kreditraten für den jeweiligen Kreditnehmer übernommen haben. Diese Zahl hat die Bundesregierung für das Jahr 2015 ermittelt.

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Weil eine europäische Richtlinie zum Versicherungsvertrieb umgesetzt wurde, müssen die Banken seit Ende Februar 2018 besser über die Restschuldversicherungen aufklären. Außerdem erhält der Kreditnehmer innerhalb von einer Woche nach Vertragsabschluss eine Widerrufsbelehrung und ein Produktinformationsblatt über die Versicherung. Diese Regeln sind in § 7a Abs. 5 VVG verankert. Inwieweit das aus Verbrauchersicht zu Verbesserungen führt, muss die Zukunft zeigen.

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